Die gemeinsam organisierte Veranstaltungsreihe stellt sich einer aktuell zu beobachtenden Abdrift ins Autoritäre entgegen. In den Nachwehen der Covid-19-Pandemie, unter dem Druck der Klimakrise und angesichts von Kriegen und zunehmender Militarisierung verschärfen sich Konflikte auch innerhalb von Hochschulen: Besetzungen durch Studierende werden unter Einsatz der Polizei geräumt – seit den späten 1960er Jahren wurde auf eine Studierendenbewegung selten mit einer solchen Vehemenz reagiert. Lehrende und Forschende erfahren Diffamierungen, werden aus politischen Gründen ausgeladen, Verträge werden nicht verlängert. Praktiken der Denunziation, des Digital Policing und der Hate Speech greifen auf die Hochschulpolitik über. Politische Akteur*innen setzen die Hochschulen unter Druck und beschneiden ihre Autonomie.
Am Kunstfeld lässt sich diese Abdrift ins Autoritäre deutlich ablesen. Die Debatten um unter anderem die Ruhrtriennale, die documenta fifteen, die Berlinale oder die Internationalen Kurzfilmtage Oberhausen werfen die Frage auf, warum sich aktuell so viele Konfliktlinien an den Künsten festmachen. Wie verändern sich Kunsthochschulen unter dem Eindruck dieser Konflikte?
Die Veranstaltungsreihe dient dazu, (Kunst-)Hochschulen als Orte der kritischen Kunst- und Wissensproduktion zu begreifen – als Orte, an denen Argumente entwickelt, Kontroversen öffentlich ausgetragen werden und Dissens bestehen kann. In verschiedenen Formaten analysiert die Reihe aktuelle Politiken und erodierende demokratische Ordnungen. Die Beiträge thematisieren die Delegitimierung postkolonialer Kunst und Theorie. Sie fragen nach den miteinander verschränkten Artikulationen antisemitischer, rassistischer und sexistischer Gewalt. Sie fragen nach den Formen und Effekten eines von rechts vereinnahmten Anti-Antisemitismus, der sich gegen emanzipatorische Bewegungen und immer offener auch gegen kritische jüdische Positionen und Personen richtet. Sie fragen nach den Auslassungen postmigrantischer Erinnerungskultur. Die Ringvorlesung untersucht den neoliberalen Umbau von Kunsthochschulen, nimmt die Ästhetiken von Protest und Besetzung sowie das Spannungsverhältnis zwischen Kunst und Politik in den Blick.
Folgt aus dieser Abdrift der Autoritarismus? Welche Fluchtlinien lassen sich finden, welche Möglichkeiten öffnen sich, wenn wir die Gegenwart analysieren und der Abdrift widerstehen?
14–16 Uhr
Teilnahme:
Die Veranstaltung ist ausgebucht.
Wir fragen: Können wir den möglichen Genozid denken – historisch, politisch, kritisch –, ohne das Ereignis in eine Denkfigur gerinnen zu lassen? Können wir das Denken als aktiv begreifen, als intervenierend und als eng verbunden mit der konkreten Realität, anstatt als bloß kontemplativ? Gibt es eine Philosophie vor/nach Palästina, in der andauernden Zeitlichkeit palästinensischer politischer Nicht-Subjektivation? Wenn jede Sekunde aufgezeichnet, dokumentiert und geteilt wird, und das oft sofort und von den Opfern selbst, was kann Kunst tun, oder was kann sie anders machen?
Yasmeen Daher:
feministische Aktivistin und Autorin mit einem Doktortitel in Philosophie von der Universität Montreal. Yasmeen spezialisiert sich auf Ethik und politische Philosophie und ist Mitdirektorin und Chefredakteurin von Febrayer, einem in Berlin ansässigen Netzwerk für unabhängige arabische Medienorganisationen.
Sami Khatib:
Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Orient-Institut Beirut und Gründungsmitglied des Beirut Institute for Critical Analysis and Research (BICAR). Mitherausgeber von Critique: The Stakes of Form (2020) und Autor von Teleology without End: Walter Benjamin's Dislocation of the Messianic (2013).
Basma al-Sharif:
palästinensische Künstlerin und Filmemacherin, die sich mit zyklischen politischen Geschichten und Konflikten beschäftigt. Ihre Arbeiten wurden unter anderem im MoMA, in der Whitney Biennale und im New Museum ausgestellt. Basma lebt in Berlin und wird von der Galerie Imane Farés in Paris vertreten.
Vortrag (engl.) von Teresa Koloma Beck
und Gespräch (dt./engl.)
17–19 Uhr
online
Moderation:
Katrin M. Kämpf (Queer Studies, Kunsthochschule für Medien Köln)
Teilnahme:
Bitte für den Zoom-Link anmelden
unter facingthedrift@krisol-wissenschaft.org
Versicherheitlichung ist ein Prozess, durch den öffentlich relevante Themen in ›Sicherheitsfragen‹ transformiert werden. Er führt zur Entstehung versicherheitlichter sozialer Räume, in denen individuelle Erfahrungen, Diskurse und Politik auf komplexe Weise miteinander verflochten sind. Der Vortrag blickt auf aktuelle Dynamiken von (Un-)Sicherheit und Versicherheitlichung in/von akademischen Institutionen und akademischem Alltag und greift dabei auf vorläufigen Einsichten aus einem aktuellen qualitativen Forschungsprojekt zurück. Zudem diskutiert er die Relevanz dieser Entwicklungen im Horizont breiterer gesellschaftlicher Transformationsprozesse.
Teresa Koloma Beck:
forscht zu Alltag und Globalisierung in Kriegs- und Krisenkontexten, mit besonderem Interesse für die Gegenwart kolonialer und imperialer Geschichte. Sie ist Professorin für Soziologie an der Helmut-Schmidt-Universität, Hamburg.
Katrin M. Kämpf:
forscht zu Sexualitätsgeschichte und feministischen Science & Technology Studies mit Fokus auf Technosecurity-Kulturen und queerfeministische Technologien der Sorge. Sie ist künstlerisch-wissenschaftliche Mitarbeiterin für Queer Studies an der Kunsthochschule für Medien Köln.
Vortrag von Michael Rothberg: From Memory Wars to Memory Work: Relational Remembrance in Pınar Öğrenci’s Aşît [The Avalanche], und Gespräch mit Marianne Hirsch, Çiğdem Inan, Jumana Manna, Michael Rothberg (engl.)
18–20 Uhr
Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig
Festsaal
Wächterstr. 11
04107 Leipzig
Organisation:
Natascha Frankenberg
Katrin Köppert
Benjamin Meyer-Krahmer
Ines Schaber
(alle Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig)
Moderation:
Katrin Köppert (Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig)
Marc Siegel (Johannes Gutenberg-Universität Mainz)
Teilnahme:
Hochschulöffentlich und auf Einladung, in Präsenz
Kunst kann einen Raum öffnen, in dem Traumata als Zonen der Unbestimmtheit und radikalen Unverfügbarkeit nahbar werden. Dass aktuell insbesondere die Kunst- und Kulturszene unter dem Druck staatlicher Überwachung und politischer Einmischung steht, mag darauf zurückzuführen sein: In einem Moment, in dem Antworten dringlich und klare Abgrenzungen notwendig scheinen, ist Kunst in ihrer Logik, Knappheit und Erklärbarkeit zu verweigern, scheinbar schlecht auszuhalten.
Die Eilfertigkeit, Künstler:innen auszuladen und Fördergeldzusagen infrage zu stellen, scheint dem Skript einer Erinnerungskultur zu folgen, das von vermeintlichen Eindeutigkeiten ausgeht und letztlich Ausschlüsse (re)produziert: Unter der Prämisse der deutschen Staatsräson, in deren Zentrum die bedingungslose Unterstützung der Politik Israels steht, soll jüdisches Leben durch teils repressive Maßnahmen geschützt werden (vgl. Resolutionsentwurf), die unter anderem dazu führen, dass palästinensisches Leben sowie palästinensische Narrative oft nicht wahrgenommen werden.
Mit der Frage nach der Kunst des Erinnerns verbinden wir den Wunsch, Erinnerung abseits hegemonialer Drehbücher zu diskutieren. Was kann Kunst in Zeiten tiefer Trauer leisten und wie kann sie Medium einer Praxis sein, sich im Trauma nicht voneinander zu isolieren, sondern in der Trauer zu verbinden.
Marianne Hirsch:
(Columbia University, NYC, USA) schreibt über die Weitergabe von Erinnerungen an Gewalt über Generationen hinweg und verbindet dabei feministische Theorie mit Gedächtnisforschung in globaler Perspektive.
Çiğdem Inan:
ist eine interdisziplinäre Soziolog*in mit Lehr- und Forschungsschwerpunkten auf Affekttheorie, queer-feministischen und dekolonialen Philosophien sowie auf Rassismusforschung. Inan ist zudem Verleger*in beim Verlagskollektiv b_books (Berlin) und Herausgeber*in der Publikationsreihe re fuse.
Katrin Köppert:
ist Kunst- und Medienwissenschaftler*in und derzeit Juniorprofessor*in für Kunstgeschichte/Populäre Kulturen an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig. Zusammen mit Simon Strick leitet sie aktuell das Forschungsprojekt zu „Digital Blackface. Rassisierte Affektmuster des Digitalen“. Sie ist im Sprecher*innenkreis der Allianz für Kritische und Solidarische Wissenschaft.
Jumana Manna:
ist bildende Künstlerin und Filmemacherin, in Jerusalem aufgewachsen, lebt in Berlin. In ihrer Arbeit untersucht sie, wie sich Macht artikuliert, und konzentriert sich dabei auf den Körper, das Land und die Materialität in Bezug auf koloniales Erbe und die Geschichte von Orten. Ihre Arbeit befasst sich mit der Spannung zwischen den modernistischen Traditionen der Kategorisierung und Konservierung und der Widerspenstigkeit des Verfalls, des Lebens und seiner Regeneration.
Michael Rothberg:
ist Professor für Englisch und Vergleichende Literaturwissenschaft und Inhaber des Samuel-Goetz-Lehrstuhls für Holocaust-Studien an der University of California, Los Angeles (UCLA). Er ist Autor der Bücher The Implicated Subject: Beyond Victims and Perpetrators, Multidirectional Memory: Remembering the Holocaust in the Age of Decolonization (in Deutschland veröffentlicht vom Metropol Verlag), und Traumatic Realism: The Demands of Holocaust Representation. With Yasemin Yildiz. Aktuell finalisiert er das Buch Memory Citizenship: Migrant Archives of Holocaust Remembrance for Fordham University Press. Zur Zeit ist er Fellow des Wissenschaftskolleg zu Berlin.
Marc Siegel:
ist Professor für Filmwissenschaft an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz. Er arbeitet derzeit mit palästinensischen und jüdischen Akademiker*innen zur Gründung eines Vereins im deutschsprachigen Raum zusammen . Er ist auch Mitglied der Akademie der Künste der Welt in Köln und in Beirat der Gesellschaft für Medienwissenschaft.
In Kooperation mit dem DFG-Forschungsnetzwerk „Gender, Medien und Affekt“ sowie der Vorlesungsreihe „Postkoloniale Kritik, Dekoloniale Perspektiven“
Workshop mit Palestinians and Jews for Peace (dt./engl.)
17–20 Uhr
Kunsthochschule für Medien Köln
Organisation:
Isabell Lorey (Queer Studies, Kunsthochschule für Medien Köln)
Katrin M. Kämpf (Queer Studies, Kunsthochschule für Medien Köln)
Teilnahme:
Nur für Studierende der Kunsthochschule für Medien
Bitte anmelden bei Katrin M. Kämpf
Während der Krieg in Israel, Palästina und nun auch dem Libanon immer mehr Menschenleben kostet, tobt in Deutschland der erbitterte Kampf um Deutungshoheit und Kriegsnarrative im Nahostkonflikt. Rassismus, Antisemitismus und Entmenschlichung bestimmen die Debatte darum, welche Opfer betrauert werden und wessen Tod gerechtfertigt, verleugnet oder gar gefeiert wird. Wie kann in diesem gesellschaftlichen Klima Solidarität mit betroffenen Menschen aussehen? Wir möchten einen Prozess anstoßen, in dem wir mit radikaler Empathie gemeinsame politische Räume eröffnen und unsere Ambiguitätstoleranz für unterschiedliche Perspektiven entwickeln können.
Die Initiative Palestinians and Jews for Peace:
besteht aus palästinensischen, jüdischen, israelischen und anderen emanzipatorischen Freund*innen, die sich für einen differenzierten Dialog und einen mitfühlenden, respektvollen Umgang miteinander in Deutschland einsetzen. Ihr Ziel ist es, zu zeigen, dass es unendlich viel mehr gibt als nur zwei Seiten, dass alle Menschen Lernende sind, und dass der Kampf gegen Faschismus, Rassismus und Antisemitismus immer auch mit sich selbst ausgetragen werden muss.
Gespräch mit Ariella Aïsha Azoulay über ihr Buch The Jewelers of the Ummah (dt./engl.)
1. Termin vor Ort
2. Termin vor Ort und online
Kunsthochschule Kassel, Nordbau
Raum 0235
Menzelstr. 13
34121 Kassel
Organisation:
Miriam Schickler (Theorie und Praxis der Visuellen Kommunikation, Kunsthochschule Kassel)
Johanna Schaffer (Theorie und Praxis der Visuellen Kommunikation, Kunsthochschule Kassel)
Teilnahme:
20 Teilnehmende, in Präsenz
Bitte anmelden bis 13.01. bei Miriam Schickler
Wir laden Ariella Aïsha Azoulay ein, mit uns über ihr neues Buch The Jewelers of the Ummah. A Potential History of the Jewish Muslim World zu sprechen. Darin schreibt Azoulay über die gewaltsame Aufsplitterung jüdisch-muslimischen Lebens im SWANA Raum (Südwestasien und Nordafrika).
Im ersten Treffen der zweiteiligen Veranstaltung diskutieren wir einen Ausschnitt des Buches, den jede*r Teilnehmende vorher gelesen hat. Wir machen am Anfang aus, wie wir miteinander sprechen, d.h. wir geben uns Regeln, um in einem konfliktreichen diskursiven Feld miteinander zu kommunizieren.
Im zweiten Treffen sprechen wir mit Ariella Aïsha Azoulay via Zoom über ihr Buchprojekt.
Das Gespräch veranstalten wir im Rahmen der Veranstaltungsserie Abdrift ins Autoritäre, da wir den repressiven Diskursverengungen im deutschsprachigen Raum entgegenarbeiten wollen und uns für Kritik interessieren, die binäre Denkmodelle nicht reproduziert.
Ariella Aïsha Azoulay:
ist Fotografie-Theoretikerin, Film-Essayistin, Kuratorin und Professorin of Modern Culture and Media and Comparative Literature an der Brown University in den USA.
Sabeth Buchmann, Ruth Sonderegger (Akademie für Bildende Künste Wien)
Sofia Bempeza, Antonia Birnbaum, Nanna Heidenreich, Annette Krauss, Andrea Lumplecker, Maria Ziegelböck (Universität für angewandte Kunst Wien)
Evelyn Annuß, Isabel Frey (Universität für Musik und darstellende Künste Wien)
Ines Kleesattel (Hochschule für Gestaltung und Kunst Basel)
Sigrid Adorf, Elke Bippus (Züricher Hochschule der Künste)
Kathrin Peters (Universität der Künste Berlin)
Andrea Bellu, Marie-Hélène Gutberlet, Angelika Levi (Hochschule für Gestaltung Offenbach)
Andrea Sick, Natascha Sadr Haghighian, Mona Schieren, Asli Serbest (Hochschule für Künste Bremen)
Carmen Mörsch (Kunsthochschule Mainz), Marc Siegel (Johannes-Gutenberg Universität Mainz)
Die gemeinsam organisierte Veranstaltungsreihe stellt sich einer aktuell zu beobachtenden Abdrift ins Autoritäre entgegen. In den Nachwehen der Covid-19-Pandemie, unter dem Druck der Klimakrise und angesichts von Kriegen und zunehmender Militarisierung verschärfen sich Konflikte auch innerhalb von Hochschulen: Besetzungen durch Studierende werden unter Einsatz der Polizei geräumt – seit den späten 1960er Jahren wurde auf eine Studierendenbewegung selten mit einer solchen Vehemenz reagiert. Lehrende und Forschende erfahren Diffamierungen, werden aus politischen Gründen ausgeladen, Verträge werden nicht verlängert. Praktiken der Denunziation, des Digital Policing und der Hate Speech greifen auf die Hochschulpolitik über. Politische Akteur*innen setzen die Hochschulen unter Druck und beschneiden ihre Autonomie.
Am Kunstfeld lässt sich diese Abdrift ins Autoritäre deutlich ablesen. Die Debatten um unter anderem die Ruhrtriennale, die documenta fifteen, die Berlinale oder die Internationalen Kurzfilmtage Oberhausen werfen die Frage auf, warum sich aktuell so viele Konfliktlinien an den Künsten festmachen. Wie verändern sich Kunsthochschulen unter dem Eindruck dieser Konflikte?
Die Veranstaltungsreihe dient dazu, (Kunst-)Hochschulen als Orte der kritischen Kunst- und Wissensproduktion zu begreifen – als Orte, an denen Argumente entwickelt, Kontroversen öffentlich ausgetragen werden und Dissens bestehen kann. In verschiedenen Formaten analysiert die Reihe aktuelle Politiken und erodierende demokratische Ordnungen. Die Beiträge thematisieren die Delegitimierung postkolonialer Kunst und Theorie. Sie fragen nach den miteinander verschränkten Artikulationen antisemitischer, rassistischer und sexistischer Gewalt. Sie fragen nach den Formen und Effekten eines von rechts vereinnahmten Anti-Antisemitismus, der sich gegen emanzipatorische Bewegungen und immer offener auch gegen kritische jüdische Positionen und Personen richtet. Sie fragen nach den Auslassungen postmigrantischer Erinnerungskultur. Die Ringvorlesung untersucht den neoliberalen Umbau von Kunsthochschulen, nimmt die Ästhetiken von Protest und Besetzung sowie das Spannungsverhältnis zwischen Kunst und Politik in den Blick.
Folgt aus dieser Abdrift der Autoritarismus? Welche Fluchtlinien lassen sich finden, welche Möglichkeiten öffnen sich, wenn wir die Gegenwart analysieren und der Abdrift widerstehen?
14–16 Uhr
Teilnahme:
Die Veranstaltung ist ausgebucht.
Wir fragen: Können wir den möglichen Genozid denken – historisch, politisch, kritisch –, ohne das Ereignis in eine Denkfigur gerinnen zu lassen? Können wir das Denken als aktiv begreifen, als intervenierend und als eng verbunden mit der konkreten Realität, anstatt als bloß kontemplativ? Gibt es eine Philosophie vor/nach Palästina, in der andauernden Zeitlichkeit palästinensischer politischer Nicht-Subjektivation? Wenn jede Sekunde aufgezeichnet, dokumentiert und geteilt wird, und das oft sofort und von den Opfern selbst, was kann Kunst tun, oder was kann sie anders machen?
Yasmeen Daher:
feministische Aktivistin und Autorin mit einem Doktortitel in Philosophie von der Universität Montreal. Yasmeen spezialisiert sich auf Ethik und politische Philosophie und ist Mitdirektorin und Chefredakteurin von Febrayer, einem in Berlin ansässigen Netzwerk für unabhängige arabische Medienorganisationen.
Sami Khatib:
Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Orient-Institut Beirut und Gründungsmitglied des Beirut Institute for Critical Analysis and Research (BICAR). Mitherausgeber von Critique: The Stakes of Form (2020) und Autor von Teleology without End: Walter Benjamin's Dislocation of the Messianic (2013).
Basma al-Sharif:
palästinensische Künstlerin und Filmemacherin, die sich mit zyklischen politischen Geschichten und Konflikten beschäftigt. Ihre Arbeiten wurden unter anderem im MoMA, in der Whitney Biennale und im New Museum ausgestellt. Basma lebt in Berlin und wird von der Galerie Imane Farés in Paris vertreten.
Vortrag (engl.) von Teresa Koloma Beck
und Gespräch (dt./engl.)
17–19 Uhr
online
Moderation:
Katrin M. Kämpf (Queer Studies, Kunsthochschule für Medien Köln)
Teilnahme:
Bitte für den Zoom-Link anmelden
unter facingthedrift@krisol-wissenschaft.org
Versicherheitlichung ist ein Prozess, durch den öffentlich relevante Themen in ›Sicherheitsfragen‹ transformiert werden. Er führt zur Entstehung versicherheitlichter sozialer Räume, in denen individuelle Erfahrungen, Diskurse und Politik auf komplexe Weise miteinander verflochten sind. Der Vortrag blickt auf aktuelle Dynamiken von (Un-)Sicherheit und Versicherheitlichung in/von akademischen Institutionen und akademischem Alltag und greift dabei auf vorläufigen Einsichten aus einem aktuellen qualitativen Forschungsprojekt zurück. Zudem diskutiert er die Relevanz dieser Entwicklungen im Horizont breiterer gesellschaftlicher Transformationsprozesse.
Teresa Koloma Beck:
forscht zu Alltag und Globalisierung in Kriegs- und Krisenkontexten, mit besonderem Interesse für die Gegenwart kolonialer und imperialer Geschichte. Sie ist Professorin für Soziologie an der Helmut-Schmidt-Universität, Hamburg.
Katrin M. Kämpf:
forscht zu Sexualitätsgeschichte und feministischen Science & Technology Studies mit Fokus auf Technosecurity-Kulturen und queerfeministische Technologien der Sorge. Sie ist künstlerisch-wissenschaftliche Mitarbeiterin für Queer Studies an der Kunsthochschule für Medien Köln.
Vortrag von Michael Rothberg: From Memory Wars to Memory Work: Relational Remembrance in Pınar Öğrenci’s Aşît [The Avalanche], und Gespräch mit Marianne Hirsch, Çiğdem Inan, Jumana Manna, Michael Rothberg (engl.)
18–20 Uhr
Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig
Festsaal
Wächterstr. 11
04107 Leipzig
Organisation:
Natascha Frankenberg
Katrin Köppert
Benjamin Meyer-Krahmer
Ines Schaber
(alle Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig)
Moderation:
Katrin Köppert (Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig)
Marc Siegel (Johannes Gutenberg-Universität Mainz)
Teilnahme:
Hochschulöffentlich und auf Einladung, in Präsenz
Kunst kann einen Raum öffnen, in dem Traumata als Zonen der Unbestimmtheit und radikalen Unverfügbarkeit nahbar werden. Dass aktuell insbesondere die Kunst- und Kulturszene unter dem Druck staatlicher Überwachung und politischer Einmischung steht, mag darauf zurückzuführen sein: In einem Moment, in dem Antworten dringlich und klare Abgrenzungen notwendig scheinen, ist Kunst in ihrer Logik, Knappheit und Erklärbarkeit zu verweigern, scheinbar schlecht auszuhalten.
Die Eilfertigkeit, Künstler:innen auszuladen und Fördergeldzusagen infrage zu stellen, scheint dem Skript einer Erinnerungskultur zu folgen, das von vermeintlichen Eindeutigkeiten ausgeht und letztlich Ausschlüsse (re)produziert: Unter der Prämisse der deutschen Staatsräson, in deren Zentrum die bedingungslose Unterstützung der Politik Israels steht, soll jüdisches Leben durch teils repressive Maßnahmen geschützt werden (vgl. Resolutionsentwurf), die unter anderem dazu führen, dass palästinensisches Leben sowie palästinensische Narrative oft nicht wahrgenommen werden.
Mit der Frage nach der Kunst des Erinnerns verbinden wir den Wunsch, Erinnerung abseits hegemonialer Drehbücher zu diskutieren. Was kann Kunst in Zeiten tiefer Trauer leisten und wie kann sie Medium einer Praxis sein, sich im Trauma nicht voneinander zu isolieren, sondern in der Trauer zu verbinden.
Marianne Hirsch:
(Columbia University, NYC, USA) schreibt über die Weitergabe von Erinnerungen an Gewalt über Generationen hinweg und verbindet dabei feministische Theorie mit Gedächtnisforschung in globaler Perspektive.
Çiğdem Inan:
ist eine interdisziplinäre Soziolog*in mit Lehr- und Forschungsschwerpunkten auf Affekttheorie, queer-feministischen und dekolonialen Philosophien sowie auf Rassismusforschung. Inan ist zudem Verleger*in beim Verlagskollektiv b_books (Berlin) und Herausgeber*in der Publikationsreihe re fuse.
Katrin Köppert:
ist Kunst- und Medienwissenschaftler*in und derzeit Juniorprofessor*in für Kunstgeschichte/Populäre Kulturen an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig. Zusammen mit Simon Strick leitet sie aktuell das Forschungsprojekt zu „Digital Blackface. Rassisierte Affektmuster des Digitalen“. Sie ist im Sprecher*innenkreis der Allianz für Kritische und Solidarische Wissenschaft.
Jumana Manna:
ist bildende Künstlerin und Filmemacherin, in Jerusalem aufgewachsen, lebt in Berlin. In ihrer Arbeit untersucht sie, wie sich Macht artikuliert, und konzentriert sich dabei auf den Körper, das Land und die Materialität in Bezug auf koloniales Erbe und die Geschichte von Orten. Ihre Arbeit befasst sich mit der Spannung zwischen den modernistischen Traditionen der Kategorisierung und Konservierung und der Widerspenstigkeit des Verfalls, des Lebens und seiner Regeneration.
Michael Rothberg:
ist Professor für Englisch und Vergleichende Literaturwissenschaft und Inhaber des Samuel-Goetz-Lehrstuhls für Holocaust-Studien an der University of California, Los Angeles (UCLA). Er ist Autor der Bücher The Implicated Subject: Beyond Victims and Perpetrators, Multidirectional Memory: Remembering the Holocaust in the Age of Decolonization (in Deutschland veröffentlicht vom Metropol Verlag), und Traumatic Realism: The Demands of Holocaust Representation. With Yasemin Yildiz. Aktuell finalisiert er das Buch Memory Citizenship: Migrant Archives of Holocaust Remembrance for Fordham University Press. Zur Zeit ist er Fellow des Wissenschaftskolleg zu Berlin.
Marc Siegel:
ist Professor für Filmwissenschaft an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz. Er arbeitet derzeit mit palästinensischen und jüdischen Akademiker*innen zur Gründung eines Vereins im deutschsprachigen Raum zusammen . Er ist auch Mitglied der Akademie der Künste der Welt in Köln und in Beirat der Gesellschaft für Medienwissenschaft.
In Kooperation mit dem DFG-Forschungsnetzwerk „Gender, Medien und Affekt“ sowie der Vorlesungsreihe „Postkoloniale Kritik, Dekoloniale Perspektiven“
Workshop mit Palestinians and Jews for Peace (dt./engl.)
17–20 Uhr
Kunsthochschule für Medien Köln
Organisation:
Isabell Lorey (Queer Studies, Kunsthochschule für Medien Köln)
Katrin M. Kämpf (Queer Studies, Kunsthochschule für Medien Köln)
Teilnahme:
Nur für Studierende der Kunsthochschule für Medien
Bitte anmelden bei Katrin M. Kämpf
Während der Krieg in Israel, Palästina und nun auch dem Libanon immer mehr Menschenleben kostet, tobt in Deutschland der erbitterte Kampf um Deutungshoheit und Kriegsnarrative im Nahostkonflikt. Rassismus, Antisemitismus und Entmenschlichung bestimmen die Debatte darum, welche Opfer betrauert werden und wessen Tod gerechtfertigt, verleugnet oder gar gefeiert wird. Wie kann in diesem gesellschaftlichen Klima Solidarität mit betroffenen Menschen aussehen? Wir möchten einen Prozess anstoßen, in dem wir mit radikaler Empathie gemeinsame politische Räume eröffnen und unsere Ambiguitätstoleranz für unterschiedliche Perspektiven entwickeln können.
Die Initiative Palestinians and Jews for Peace:
besteht aus palästinensischen, jüdischen, israelischen und anderen emanzipatorischen Freund*innen, die sich für einen differenzierten Dialog und einen mitfühlenden, respektvollen Umgang miteinander in Deutschland einsetzen. Ihr Ziel ist es, zu zeigen, dass es unendlich viel mehr gibt als nur zwei Seiten, dass alle Menschen Lernende sind, und dass der Kampf gegen Faschismus, Rassismus und Antisemitismus immer auch mit sich selbst ausgetragen werden muss.
Gespräch mit Ariella Aïsha Azoulay über ihr Buch The Jewelers of the Ummah (dt./engl.)
1. Termin vor Ort
2. Termin vor Ort und online
Kunsthochschule Kassel, Nordbau
Raum 0235
Menzelstr. 13
34121 Kassel
Organisation:
Miriam Schickler (Theorie und Praxis der Visuellen Kommunikation, Kunsthochschule Kassel)
Johanna Schaffer (Theorie und Praxis der Visuellen Kommunikation, Kunsthochschule Kassel)
Teilnahme:
20 Teilnehmende, in Präsenz
Bitte anmelden bis 13.01. bei Miriam Schickler
Wir laden Ariella Aïsha Azoulay ein, mit uns über ihr neues Buch The Jewelers of the Ummah. A Potential History of the Jewish Muslim World zu sprechen. Darin schreibt Azoulay über die gewaltsame Aufsplitterung jüdisch-muslimischen Lebens im SWANA Raum (Südwestasien und Nordafrika).
Im ersten Treffen der zweiteiligen Veranstaltung diskutieren wir einen Ausschnitt des Buches, den jede*r Teilnehmende vorher gelesen hat. Wir machen am Anfang aus, wie wir miteinander sprechen, d.h. wir geben uns Regeln, um in einem konfliktreichen diskursiven Feld miteinander zu kommunizieren.
Im zweiten Treffen sprechen wir mit Ariella Aïsha Azoulay via Zoom über ihr Buchprojekt.
Das Gespräch veranstalten wir im Rahmen der Veranstaltungsserie Abdrift ins Autoritäre, da wir den repressiven Diskursverengungen im deutschsprachigen Raum entgegenarbeiten wollen und uns für Kritik interessieren, die binäre Denkmodelle nicht reproduziert.
Ariella Aïsha Azoulay:
ist Fotografie-Theoretikerin, Film-Essayistin, Kuratorin und Professorin of Modern Culture and Media and Comparative Literature an der Brown University in den USA.
Sabeth Buchmann, Ruth Sonderegger (Akademie für Bildende Künste Wien)
Sofia Bempeza, Antonia Birnbaum, Nanna Heidenreich, Annette Krauss, Andrea Lumplecker, Maria Ziegelböck (Universität für angewandte Kunst Wien)
Evelyn Annuß, Isabel Frey (Universität für Musik und darstellende Künste Wien)
Ines Kleesattel (Hochschule für Gestaltung und Kunst Basel)
Sigrid Adorf, Elke Bippus (Züricher Hochschule der Künste)
Kathrin Peters (Universität der Künste Berlin)
Andrea Bellu, Marie-Hélène Gutberlet, Angelika Levi (Hochschule für Gestaltung Offenbach)
Andrea Sick, Natascha Sadr Haghighian, Mona Schieren, Asli Serbest (Hochschule für Künste Bremen)
Carmen Mörsch (Kunsthochschule Mainz), Marc Siegel (Johannes-Gutenberg Universität Mainz)
Abdrift ins Autoritäre,
oder Kunsthochschulen als
Orte der Kritik