Stand: 26.02.2025
14.02.2025
Stellungnahme des Vereins palästinensischer und jüdischer Akademiker*innen (PJA) zur Absage der Veranstaltung mit Francesca Albanese und Eyal Weizman an der Freien Universität Berlin
„Die Absage der FU Berlin dieser Veranstaltung durch vorgeschobene Bedenken der „Sicherheit“ und „Polarisierung“ von Meinungen unterdrückt kritische Debatten. Darüber hinaus handelt die Universität unverantwortlich, indem sie durch Zensur eine dämonisierende Rhetorik befeuert, die die aktuelle politische und öffentliche Debatte über Antisemitismus und Palästina/Israel prägt. Diese Rhetorik verbreitet Halbwahrheiten und aus dem Kontext gerissene Zitate; sie ignoriert Fakten, Beweise und Normen des Völkerrechts und des deutschen Rechts. Die Ausladung von Albanese und Weizman setzt eine gefährliche Serie der Zensur fort (Albaneses Vortrag an der TU München wurde bereits abgesagt), welche weitreichende Konsequenzen für Deutschlands Bekenntnis zu akademischer Integrität, Verfassungs- und Völkerrecht hat. […]
Wir fordern die FU auf, ihr Bekenntnis zur Wissenschaftsfreiheit zu bekräftigen, sich dem politischen Druck von Botschaftern und Lobbyisten nicht zu beugen und die Debatte zu eröffnen, indem sie diese Entscheidung rückgängig macht und sicherstellt, dass Wissenschaftler*innen das Recht haben, ihre Forschung und Erkenntnisse ohne Angst vor politischer Einmischung oder Zensur zu präsentieren.“
17.02.2025
Statement von 38 Wissenschaftsorganisationen und NGOs zur Ausladung von Francesca Albanese: „Wo, wenn nicht an einer Universität?“
„Diese Absagen reihen sich ein in eine Serie von Maßnahmen gegen Personen, die dokumentierte Gewalt und völkerrechtswidrige Kriegsführung in Palästina seitens der israelischen Regierung und deren Unterstützung durch Deutschland benennen und kritisieren. Debatten über die Gewaltrealität des Gazakriegs werden so gezielt behindert. Die grundgesetzlich verbriefte Wissenschaftsfreiheit (Art. 5, Abs. 3 Grundgesetz) wird so an Hochschulen politisch willkürlich eingeschränkt. Universitäten können ihre Rolle als Räume für offene Debatten auch über aktuelle und internationale Themen so nur eingeschränkt erfüllen. Wissenschaftler*innen in Deutschland und weltweit nehmen dies mit Erschrecken zur Kenntnis. Dieser Umgang mit politisch kritischen Positionen erzeugt ein Klima der Einschüchterung und befeuert an deutschen Hochschulen und selbst bei Medien eine Selbstzensur in der Berichterstattung, Programmgestaltung und akademischen Streit- und Debattenkultur. […]
Die Erklärung der Universitätsleitung, es habe ein „nicht kalkulierbares Sicherheitsrisiko“ bestanden, ist weder begründet noch glaubwürdig: An anderen europäischen Universitäten konnte und kann Albanese ohne Zwischenfälle sprechen. Tatsächlich erfolgte die Absage erst nach öffentlichem Druck durch politische Akteure und Interessengruppen wie den israelischen Botschafter und die Deutsch-Israelische Gesellschaft, der in Presseartikeln aufgegriffen wurde, und daraufhin auch durch den Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU) und die Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra (SPD). Beide diskreditierten Albanese und warfen ihr Antisemitismus vor. Dies stellt eine Art staatlich angeordnetes Verbot von mit Fakten belegter Kritik an Israels Kriegsführung dar und damit einen inakzeptablen Eingriff in die Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit sowie die Hochschulautonomie.“
Peter Ullrich: „Francesca Albanese gecancelt: Hier läuft ein autoritärer Anti-Antisemitismus aus dem Ruder“
„Einige (rechts-)konservative Akteure, die zu israelischen Kriegsverbrechen wenig Kritisches anzumerken haben, Medien mit einer jede noch so rechte israelische Regierung unterstützenden Haltung und politische Verantwortungsträger:innen wirken so zusammen, dass der entstehende Druck einen massiven Angriff auf die Wissenschaftsfreiheit zur Folge hat. […]
Wie schon bei der Räumung des Anti-Gazakriegs-Camps an der Humboldt-Universität oder an der Alice-Salomon-Hochschule (ASH) in Berlin wird ein dermaßen großer öffentlicher Druck aufgebaut, dass sich eine Hochschulleitung offenbar nicht in der Lage sieht, das vorher Verabredete aufrechtzuerhalten […]
Hier läuft ein autoritärer Anti-Antisemitismus aus dem Ruder. Der kennt und will keine sachliche Kritik mehr, die der widersprüchlichen und komplexen Situation der Proteste im Nahostkonflikt zweiter Ordnung auch nur ansatzweise angemessen wäre. Der politische Gegner wird mit keinen leichteren argumentativen Geschützen als den Vorwürfen des Antisemitismus und der Hamas-Verherrlichung angegriffen, sodass es kaum mehr möglich wird, über Gaza oder Palästina zu sprechen, ohne sich diesen Vorwürfen ausgesetzt zu sehen. […]
Wenn auf der israelischen und ‚pro-israelischen‘ Seite so strenge Maßstäbe angelegt würden wie auf der palästinensischen und ‚pro-palästinensischen‘, wenn also jede zugespitzte Äußerung gegenüber Palästinenser:innen mit Rassismus-Schlagzeilen in den Leitmedien und wütenden Kommentaren aus der Politik gekontert würden, welche:r Vertreter:in des israelischen Staates könnte hierzulande eigentlich noch sprechen? Ron Prosor, der aktuelle Kronzeuge gegen Albanese, vermutlich nicht.“
18.02.2025
Francesca Albanese: “I’ve never been in a place … where the police has been checking on whether I could be arrested”
“I’m pretty shocked by the controversy that this event has stirred. It makes absolutely no sense whatsoever and makes me really scared for where Germany is. So, I truly hope that the discussion will be peaceful, that there will be no tension, despite the fact that – frankly, I’ve never been in a place that has received so many threats, intimidation. Where the police has been checking on whether I could be arrested or not. This is pretty awful. And as a European, I will never forget this. And I hope it will not get worse than this.”
↗ https://x.com/PhilippvBecker/status/1891899742184939942 (video)
19.02.2025
Isabel Feichtner: “Where Is Our Outcry?”
“Isn’t this the moment when we should finally speak up, even if we have not done so before for fear of taking a wrong step in the minefield that is the Israel/Palestine debate? Francesca Albanese is our colleague. The holder of a mandate by the Human Rights Council. A globally well-respected scholar of international law who speaks at universities around the world. Governments treat UN Special Rapporteurs as they treat ambassadors from foreign countries. Never before has UN Special Rapporteur Albanese been disinvited from a university.
Where is our indignation and outrage, dear fellow international lawyers, at her disinvitation from LMU and Freie University? Where is our outcry at the smear campaign against her by politicians and interest groups? […]
When pressure mounted and Berlin’s mayor, Kai Wegner, intervened, the president of Freie University caved in. President Ziegler cancelled the in-person event and justified this decision with the ‚present polarization and unpredictable security situation.‘ […]
While our politicians and universities fail to pay respect to a UN Special Rapporteur, we as international lawyers fail a colleague and a luminary in these dark times by not standing up for her against false and unfounded accusations. Most of all, however, we fail our students, broader society and the very idea of human rights, which – if they are to have any meaning – have to serve the powerless.”
↗ https://verfassungsblog.de/where-is-our-outcry/
Daniel Bax: „Streng bewachte Rede“
„[D]ie Diskussion im Umspannwerk wurde von der Polizei begleitet, fünf Beamte verfolgten die Debatte im Saal. Albanese und Eyal Weizman, der Gründer der Rechercheagentur Forensic Architecture, erklärten dort vor rund 200 Zuhörern, warum sie Israels Vorgehen im Gazastreifen als Völkermord einstufen. Beide sprachen über dessen Vorgeschichte und andere Völkermorde. „Genozid ist ein Prozess, kein Akt“, sagte Weizman. […]
Sie sei es gewohnt, dass israelische Botschafter sie attackierten, äußerte sich Albanese auch zu der Kritik an ihr. ‚Schockiert‘ zeigte sie sich aber darüber, dass Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) eine Absage ihres Vortrags gefordert hatte und dass die FU unter diesem Druck eingeknickt sei.
Die Uni hatte ihre Absage mit ‚der aktuellen Polarisierung und der nicht kalkulierbaren Sicherheitslage‘ begründet. Albanese sprach von ‚Mafia-Methoden der Einschüchterung und Bedrohung‘ und sagte, so etwas habe sie noch nie erlebt. Universitäten sollten Orte sein, an denen man sich auch darauf einigen könne, sich nicht einig zu sein, appellierte sie an die jungen Studierenden. ‚Was hier passiert, ist extrem.‘“
↗ https://taz.de/Vortrag-von-Francesca-Albanese-in-Berlin/!6067148/
DW: “Germany: Second talk by top UN official cancelled”
“The private event went ahead with a heavy police presence, with police and translators standing next to the stage, monitoring the content of all of the presenters, including Albanese.
‘The fact that [the universities] deny the possibility to speak to a UN official, a UN independent expert, is very serious,’ Albanese told DW. ‘It has not happened in any other place.’
Albanese discussed having fulfilled her mandate in countries all over the world but was surprised that two German public universities succumbed to apparent pressure from various actors to cancel her appearances.
‘I was not expecting again universities to give in,’ she added. ‘If universities stop being spaces where we can also afford discussing difficult issues, painful issues, respectfully, in a dignified way, all the more as I speak about international law, international legal development, factual development — this is very serious. This is censorship.’ […]
Weizman was also outraged by the cancellation. ‘The event in question appears to have been cancelled because the Israeli embassy and the office of the mayor of Berlin now dictate the curriculum for students in Germany,’ he said in a statement to DW.
Weizman added: ‘Politicians are encouraging universities to censor esteemed international voices for the rule of law, based on pernicious and manipulative interpretations of the statements and actions of those individuals, and universities are taking full part in that censorship. How much louder must the warnings from history be?’”
Matthias Monroy: „Debatte über Israel und Gaza: Von Francesca Albanese lernen“
„Nun wurde nach einem Saal an der Universität auch eine Diskussion darüber in einem Kulturzentrum gecancelt. Eine dafür verantwortliche Empörungs-Schickeria meint, über der Wissenschafts- und Meinungsfreiheit und dem Völkerrecht zu stehen, und liefert Albanese weiterem Hass aus. Dabei könnte Berlin von der Expertin viel über eine latent rassistische deutsche Selbstzentriertheit lernen.“
Stephan Detjen: „UN-Sonderberichterstatterin Albanese spricht in Berlin: ‚Wo war Deutschland?!‘“
MEMO: “Albanese: ‘75hrs in Germany have made me pretty nervous’”
“Francesca Albanese, UN Special Rapporteur on Palestinian territories, spoke yesterday at the event ‘Reclaiming the Discourse: Palestine, Justice, and Truth’ in Berlin, Germany. She highlighted the pressure from German authorities and said that ‘the situation is bad for freedom of expression everywhere’ but in Germany is felt ‘a lack of oxygen’ as a result of the repression of police and officials. Albanese was due to attend other speeches in Germany, which were cancelled including one at Free University of Berlin.”
Amnesty International und medico international: „Absage von Veranstaltungen mit UN-Sonderberichterstatterin gefährdet Debattenräume“
„Julia Duchrow, Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland: ‚Die Absage von zwei Veranstaltungen mit UN-Sonderberichterstatterin Francesca Albanese fügt der Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit in Deutschland schweren Schaden zu. Das Ziel, Maßnahmen zur Bekämpfung von Antisemitismus, Rassismus und jeglicher Form von Menschenfeindlichkeit durchzusetzen und jüdisches Leben in Deutschland zu schützen, ist ausdrücklich und uneingeschränkt zu begrüßen. Dabei dürfen jedoch Grund- und Menschenrechte nicht beschnitten werden. Auch Debatten über kontroverse Themen müssen möglich sein. Stattdessen erleben wir den Versuch, bestimmte politische Ansichten aus dem Diskurs auszuschließen.‘
Tsafrir Cohen, Geschäftsführer von medico international, sagt: ‚Werden Auftritte einer UN-Sonderberichterstatterin aufgrund von politischem Druck abgesagt, offenbart das ebenfalls einen mangelnden Respekt gegenüber dem Völkerrecht. Dies geschieht in einer Zeit, in der Institutionen wie der Internationale Strafgerichtshof von mächtigen Staaten angegriffen werden, wie zuletzt durch die Sanktionen der USA. Es ist ein fatales Signal, wenn Politiker*innen in Deutschland nun ebenfalls zur Delegitimierung internationaler Institutionen beitragen, statt diese dabei zu unterstützen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, wie sie in Gaza stattfinden, zu ahnden.‘“
20.02.2025
Allianz für Kritische und Solidarische Wissenschaft (KriSol): „Anlasslose Absage der FU: Veranstaltung mit UN-Sonderberichterstatterin Francesca Albanese und Eyal Weizman an alternativem Ort verlief konzentriert, sachlich und friedlich“
„In Deutschland sind Veranstaltungen, bei denen wissenschaftlich fundiert und sachlich die Verbrechen im Gaza-Krieg analysiert und diskutiert werden, zunehmend selten – weil sie regelmäßig verhindert werden. So musste diese Veranstaltung extern stattfinden, anstatt, wie ursprünglich geplant, an der Freien Universität, da der Präsident der Freien Universität die Präsenzveranstaltung nach massivem Druck aus der Politik untersagt hatte. Begründet wurde die Absage mit nicht spezifizierten Sicherheitsbedenken und im Lichte von unsubstanziierten Antisemitismusvorwürfen gegen die Sprecher*innen. Beides erwies sich als völlig haltlos. Die Veranstaltung im bUm verlief sachlich und friedlich, wenn auch angespannt aufgrund der permanenten Präsenz mehrerer Polizeibeamter im Saal und eines großen Polizeiaufgebots vor dem Veranstaltungsort. […]
Der heutige Tag zeigt: Veranstaltungen wie diese können ohne Probleme stattfinden – und müssen auch an der Universität stattfinden können. Es sind Politik, Presse und Hochschulleitungen, die das verhindern. Sie tragen dadurch dazu bei, dass selbst international renommierte Expert*innen wie Albanese und Weizman verleumdet werden. Durch diese Dynamik wird eine wissenschaftliche Auseinandersetzung und offene Diskussion der Völkerrechtsverstöße Israels sowie der rechtlichen und politischen Verantwortung Deutschlands systematisch verhindert. Das ist für den Schutz der Wissenschafts- und Meinungsfreiheit, und nebenbei für den Wissenschaftsstandort Deutschland ebenso wie für den demokratischen Diskurs im Allgemeinen nicht hinnehmbar.“
↗ http://krisol-wissenschaft.org/wp-content/uploads/2025/02/KriSol-PM-20.2.25.pdf
Daniel Bax: „Die Falsche im Visier“
„Hätten deutsche Polizisten eine UN-Sonderberichterstatterin verhaftet? Diese Frage stellte sich, als Francesca Albanese am Dienstag in Berlin auf einer Veranstaltung sprach, die kurzfristig in andere Räume verlegt werden musste. Es war keine hypothetische Frage: Einen umstrittenen ‚Palästina-Kongress‘ hatte die Berliner Polizei vor einem Jahr mit fragwürdigen Begründungen abrupt beendet.
Auch diesmal postierten sich Polizisten im Raum, um mögliche strafbare Aussagen Albaneses zu unterbinden. Zum Glück sagte sie nichts Strafbares. Bilder von deutschen Beamten, die einer UN-Sonderberichterstatterin das Mikrofon abdrehen, blieben der Welt damit erspart. Die Bilder der Polizeiwagen, die den Veranstaltungsort umzingelten, waren peinlich genug. Deutschland macht viel, um sich weltweit zu blamieren. […]
Es ist der traurige Höhepunkt der Versuche, Kritik an Israel und der deutschen ‚Staatsräson‘ zu kriminalisieren. Und es ist Ausdruck einer Tendenz zum Autoritarismus. Mit dem notwendigen Kampf gegen Antisemitismus hat das wenig zu tun. In Dresden marschieren Rechtsradikale unbehelligt mit Transparenten durch die Straßen, auf denen sie die Bombardierung ihrer Stadt durch alliierte Truppen im Zweiten Weltkrieg als ‚Bomben-Holocaust‘ bezeichnen.
Und im Bundestag sitzt eine Partei, deren Ehrenvorsitzender die Nazi-Zeit als ‚Vogelschiss‘ bezeichnete. Aber wenn er im Bundestag spricht, steht neben ihm kein Polizist. Gegenüber der UN ist dieses Verhalten deshalb ein Affront.“
↗ https://taz.de/Nach-Absage-fuer-Albanese/!6067115/
nd: „Francesca Albanese: ‚Ich bin besorgt‘“
„Hinsichtlich der Kritik an ihrer Person und den zahlreichen Hürden wie den Raumabsagen für die Münchner Friedenskonferenz und für ihren Vortrag an der Freien Universität Berlin sagte Albanese: ‚Ich bin besorgt. Nicht in meiner Funktion als UN-Mitarbeiterin, sondern als Europäerin. Ich war immer sicher, in diesem Teil der Welt frei zu sein, zu denken und zu sprechen, ich war immer sicher, dass es Orte gibt, an denen wir uns treffen und unsere abweichende Meinung äußern können.‘ Diese Gewissheit sei nun zerbrochen.
Albanese kritisierte insbesondere deutsche Narrative. Die Verbrechen der israelischen Streitkräfte und rechter Siedler an den Palästinensern würden als Selbstverteidigung bezeichnet, die Kritik daran als Antisemitismus.“
Baha Kirlidokme: „Repressionen gegen Vortrag von UN-Berichterstatterin“
„Als ‚zutiefst verstörend‘ bezeichnete die Vorsitzende der Linkspartei, Ines Schwerdtner, die Absage auf Anfrage der FR. Es müsse ‚möglich sein, offen über mögliche Menschenrechtsverletzungen im Gazastreifen zu sprechen – einschließlich des Vorwurfs eines Genozids, den der Internationale Gerichtshof derzeit prüft‘. Noch besorgniserregender als die Absagen selbst sei ‚die weitgehende Stille, mit der sie hingenommen‘ würden – auch aus der bürgerlichen demokratischen Mitte. ‚Wo bleibt der Aufschrei?‘, sagte Schwerdtner weiter. ‚Wir erleben eine bedenkliche Verengung des öffentlichen Diskurses – ein alarmierender Trend, dem wir entschieden entgegentreten sollten.‘
Auf die Vorfälle in Berlin gab es von der Politik bis zur Zivilgesellschaft weitere Reaktionen. ‚Der Versuch, die Veranstaltung mit der UN-Sonderberichterstatterin für die besetzten Gebiete Palästinas, Francesca Albanese, polizeilich zu verhindern, ist ein Angriff auf die Grundfreiheiten unseres Grundgesetzes‘, teilte BSW-Vorsitzende Sahra Wagenknecht auf dem Kurznachrichtendienst X (früher Twitter) mit. Die Nahost-Expertin Kristin Helberg zeigte sich auf X besorgt. ‚Liebe ‚bürgerliche Mitte‘. Wo ist eure Schmerzgrenze? Wenn Amnesty verboten wird? Völkerrechtler vor Gericht stehen? Niemand mehr zur Berlinale anreist? Oder die AfD stärkste Kraft wird? Es geht nicht mehr ‚nur‘ um Palästina und Israel, sondern um die autoritäre Verengung von Diskursräumen‘, schrieb sie.“
21.02.2025
Khaled El Mahmoud: “The Suppression of Academic Freedom and the Rise of Ideological Conformity”
“Both cancellations occurred amid growing political pressure, with several State officials, including the Mayor of Berlin, Berlin’s Minister of Science, and Bavaria’s State Commissioner for Jewish Life and the Fight against Antisemitism, publicly condemning Albanese, accusing her of antisemitism. The official justification for both cancellations was cited as ‘security concerns’ [see here and here]. Yet, the circumstances strongly suggest that these decisions were, in reality, bowing to political pressure rather than addressing genuine threats to public safety. […]
[I]t remains noteworthy and concerning that the majority of German legal scholarship, particularly from the community of international legal scholars, has been largely absent from this discourse – with a few voices who did speak out, most of whom were BIPoC scholars who did so at notable risk. This overwhelming lack of response is not merely unsettling. It signals tacit approval, reflecting a broader and deeply troubling sentiment that these acts, which may only be qualified as censorship, are justified. […]
If academic institutions, once considered bastions of free thought and intellectual courage, choose to silence critical voices rather than defend them, then the very essence of democracy is at stake. The question we must confront is not merely one of academic freedom but of the broader trajectory of a nation that appears increasingly willing to sacrifice its foundational principles in the face of political expediency. If we do not resist these encroachments now, we may soon find ourselves in a society where fundamental rights are no longer guaranteed, but merely tolerated at the discretion of those in power.”
↗ https://voelkerrechtsblog.org/special-editorial-a-nation-in-crisis/
BRISMES: letter regarding the Free University of Berlin’s cancellation of the lectures by Francesca Albanese and Prof. Eyal Weizman
“The accusations of antisemitism levelled against Albanese draw on the IHRA working definition of antisemitism, which erroneously conflates criticism of Israel and Zionism with antisemitism, and which has frequently been used to discriminate against individuals based on their political opinion. It has been widely demonstrated in recent years that the IHRA definition is not fit to be used as a tool to assess whether individuals’ utterances or views constitute antisemitism. […]
The university administration's justification that there was an incalculable security risk is unsubstantiated and hardly credible […] In fact, the cancellation by FU Berlin only occurred after public pressure from the German Israeli Society (DIG), the Israeli Embassy in Berlin, the Governing Mayor Kai Wegner and the Berlin Senator for Higher Education and Research, Health, and Long-Term Care Dr. Ina Czyborra, who discredited Albanese and accused her of antisemitism. This represents a form of state-ordered censorship of fact-based criticism of Israel's military actions - an unacceptable interference in freedom of opinion and academic freedom as well as university autonomy. Universities must remain places of open discourse. It is disingenuous to make it a prerequisite that opposing positions must be represented on the panel itself - a demand that is not raised for other topics and speakers. The cancellation of Albanese and Weizman due to political pressure contributes to the dangerous myth that fighting antisemitism requires the silencing of those criticizing Israel over its serious breaches of international law. Nothing could be further from the truth.”
Julian Daum: „Staatliche Repression bei Vortrag von Francesca Albanese“
„‚Ich bin hier als UN-Sonderberichterstatterin und wurde als solche eingeladen. Der Druck, der von öffentlichen Personen auf Universitäten ausgeübt wurde, spiegelt die Realität und die repressive Atmosphäre wider, die in Deutschland herrscht.‘ […]
An diesem Dienstagnachmittag wird sie in den Räumlichkeiten der Tageszeitung ‚Junge Welt‘ gleich über die Situation in Gaza und im Westjordanland sprechen. In ihrer Vorrede betont sie, um die Meinungsfreiheit sei es überall schlecht bestellt. Trotzdem habe sie ‚noch nie dieses Gefühl von mangelndem Sauerstoff gehabt‘. Soll heißen: noch nie so wie hier in Deutschland. […]
Politik und Polizei hatten in den vergangenen Tagen versucht, Albanese den öffentlichen ‚Sauerstoff‘ vollends abzudrehen: Zunächst stornierte die Münchner Ludwig-Maximilians-Universität einen Raum, in dem Albanese einen Vortrag halten sollte. Danach tat die Freie Universität (FU) Berlin das gleiche. […] Nach Polizeiangaben waren 200 Beamt*innen im Einsatz – für eine Veranstaltung mit etwa 200 Teilnehmenden. Teile des Films einer palästinensischen Journalistin durften nicht gezeigt werden, fünf Polizist*innen verfolgten die Debatte gegen den erklärten Willen der Veranstalter im Raum, um die Äußerungen auf der Bühne und Gespräche im Publikum zu überwachen. Wann immer Begriffe wie ‚Genozid‘ oder ‚Apartheid‘ fielen, machten sie sich Notizen.“
MEMO: “German university cancels event featuring UN Special Rapporteur on Palestine”
“The Free University of Berlin in Germany has cancelled an event that was scheduled to feature UN Special Rapporteur on Palestine Francesca Albanese, German media reported yesterday.
The university’s president, Gunter Ziegler, made the announcement in a meeting with the university’s administration. Ziegler said that the administration decided that the event on 19 February ‘cannot be held as a public event with in-person attendance’ due to ‘polarisation and the unpredictable security situation.’ He apparently suggested that the event should be held online.
The Israeli ambassador to Berlin, Ron Prosor, is reported to have sent an email to Ziegler requesting the cancellation of the event that Albanese was expected to attend.”
22.02.2025
James Jackson: “Germany's Obsession With Defending Israel and Criminalizing Speech Aided AfDs Rise”
“‘Talking about Israeli violations of Palestinian rights has always been sensitive in Germany. But the problem has escalated to the point that is really, really scary,’ Albanese told the press before her talk. Germany’s support for Israel, known as the Staatsräson, has become a major domestic political issue in recent years and especially since the Israel-Gaza conflict escalated after the Hamas attack on October 7 2023, with the country using harsh laws intended to combat neo-Nazis against Palestinian activists. ‘After a while it really gets under your skin,’ Albanese added. ‘There has been a crackdown on freedom of expression, of freedom of assembly.’
The newspaper’s publisher, Dietmar Koschmeider, told Drop Site that police were monitoring the event for any illegal speech, including from members of the audience. ‘What I experienced today, I haven’t seen in 30 years, it’s terrifying,’ Koschmeider said. […]
What observers both domestic and international have missed, however, is that the German mainstream’s rejection of international law and civil liberties and the rise of its far right are intrinsically linked. Germany’s far-right party, the Alternative for Germany (AfD), has played a key role in forefronting Staatsräson for its own purposes—using the topic as a wedge issue to demonize migrants from Muslim countries as well as left-wing activists. […]
‘I was really shocked by the political pressure on the universities and the anti-Palestinian racism, and I intend to write a report about it,’ Albanese, the U.N. rapporteur, told Drop Site after the event. ‘It’s clear that there is racism against the Palestinians here, negating their identity.’”
↗ https://www.dropsitenews.com/p/germany-election-afd-israel-palestine-free-speech
23.02.2025
Jakob Reimann: „Staatsfeindin und Staatsräson“
„Auf Schritt und Tritt wird sie verfolgt: Egal, wo Francesca Albanese hingeht, die deutsche Polizei ist schon da. Am Dienstag war die UN-Sonderberichterstatterin für die besetzten Gebiete Palästinas auf einer Veranstaltung in den Räumlichkeiten der Tageszeitschrift junge Welt, die unter anderem von Mera25 organisiert wurde – vor Ort waren 22 Einsatzwägen der Polizei, so zählten wir, und viele Uniformierte. […]
Mehrfach adressierten einige der Panelisten dabei die im Saal anwesenden Polizist*innen. Denn im schnurstracks auf den Autoritarismus zusteuernden Staatsräson-Deutschland nimmt sich die Staatsgewalt rotzfrech das Recht heraus, ihre Kritiker nach Belieben einzuschüchtern und auf ihren Veranstaltungen rumzulungern. Fünf Uniformierte mit Schusswaffen und ein Übersetzer waren während der Achtstundenveranstaltung im rappelvollen Raum in der Maigalerie der jungen Welt anwesend. Das geschah gegen den ausdrücklichen Willen und Widerstand der Zeitung, machte jW-Geschäftsführer Dietmar Koschmieder in seiner Begrüßungsrede deutlich. Das Blatt werde rechtlich gegen diesen Eingriff vorgehen. […]
Mit solch einem übergriffigen und arroganten Verhalten macht sich Deutschland zunehmend zum Aussätzigen auf der internationalen Bühne. Bis auf die Akteure selbst und die bürgerlich-liberal-rechte Querfront fanatischer Israel-Unterstützer glaubt doch niemand ernsthaft die Lüge, es gehe um den ‚Kampf gegen Antisemitismus‘, wenn der deutsche Staat mit zunehmender Brutalität seine Gewalt einsetzt, um die rechtsradikale Regierung in Israel vor Kritik abzuschirmen. […]
Dass Deutschland eine UN-Sonderberichterstatterin zur Staatsfeindin #1 erklärt und wie eine Schwerverbrecherin von der Polizei verfolgen lässt, ist eine folgerichtige Konsequenz aus der Art und Weise, wie die gesamte Legitimität dieses Staates begründet wurde: Staatsräson-Deutschland funktioniert ausschließlich als Staatsgewalt-Deutschland.“
↗ https://etosmedia.de/politik/staatsfeindin-und-staatsraeson/
Stand: 26.02.2025
14.02.2025
Stellungnahme des Vereins palästinensischer und jüdischer Akademiker*innen (PJA) zur Absage der Veranstaltung mit Francesca Albanese und Eyal Weizman an der Freien Universität Berlin
„Die Absage der FU Berlin dieser Veranstaltung durch vorgeschobene Bedenken der „Sicherheit“ und „Polarisierung“ von Meinungen unterdrückt kritische Debatten. Darüber hinaus handelt die Universität unverantwortlich, indem sie durch Zensur eine dämonisierende Rhetorik befeuert, die die aktuelle politische und öffentliche Debatte über Antisemitismus und Palästina/Israel prägt. Diese Rhetorik verbreitet Halbwahrheiten und aus dem Kontext gerissene Zitate; sie ignoriert Fakten, Beweise und Normen des Völkerrechts und des deutschen Rechts. Die Ausladung von Albanese und Weizman setzt eine gefährliche Serie der Zensur fort (Albaneses Vortrag an der TU München wurde bereits abgesagt), welche weitreichende Konsequenzen für Deutschlands Bekenntnis zu akademischer Integrität, Verfassungs- und Völkerrecht hat. […]
Wir fordern die FU auf, ihr Bekenntnis zur Wissenschaftsfreiheit zu bekräftigen, sich dem politischen Druck von Botschaftern und Lobbyisten nicht zu beugen und die Debatte zu eröffnen, indem sie diese Entscheidung rückgängig macht und sicherstellt, dass Wissenschaftler*innen das Recht haben, ihre Forschung und Erkenntnisse ohne Angst vor politischer Einmischung oder Zensur zu präsentieren.“
17.02.2025
Statement von 38 Wissenschaftsorganisationen und NGOs zur Ausladung von Francesca Albanese: „Wo, wenn nicht an einer Universität?“
„Diese Absagen reihen sich ein in eine Serie von Maßnahmen gegen Personen, die dokumentierte Gewalt und völkerrechtswidrige Kriegsführung in Palästina seitens der israelischen Regierung und deren Unterstützung durch Deutschland benennen und kritisieren. Debatten über die Gewaltrealität des Gazakriegs werden so gezielt behindert. Die grundgesetzlich verbriefte Wissenschaftsfreiheit (Art. 5, Abs. 3 Grundgesetz) wird so an Hochschulen politisch willkürlich eingeschränkt. Universitäten können ihre Rolle als Räume für offene Debatten auch über aktuelle und internationale Themen so nur eingeschränkt erfüllen. Wissenschaftler*innen in Deutschland und weltweit nehmen dies mit Erschrecken zur Kenntnis. Dieser Umgang mit politisch kritischen Positionen erzeugt ein Klima der Einschüchterung und befeuert an deutschen Hochschulen und selbst bei Medien eine Selbstzensur in der Berichterstattung, Programmgestaltung und akademischen Streit- und Debattenkultur. […]
Die Erklärung der Universitätsleitung, es habe ein „nicht kalkulierbares Sicherheitsrisiko“ bestanden, ist weder begründet noch glaubwürdig: An anderen europäischen Universitäten konnte und kann Albanese ohne Zwischenfälle sprechen. Tatsächlich erfolgte die Absage erst nach öffentlichem Druck durch politische Akteure und Interessengruppen wie den israelischen Botschafter und die Deutsch-Israelische Gesellschaft, der in Presseartikeln aufgegriffen wurde, und daraufhin auch durch den Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU) und die Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra (SPD). Beide diskreditierten Albanese und warfen ihr Antisemitismus vor. Dies stellt eine Art staatlich angeordnetes Verbot von mit Fakten belegter Kritik an Israels Kriegsführung dar und damit einen inakzeptablen Eingriff in die Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit sowie die Hochschulautonomie.“
Peter Ullrich: „Francesca Albanese gecancelt: Hier läuft ein autoritärer Anti-Antisemitismus aus dem Ruder“
„Einige (rechts-)konservative Akteure, die zu israelischen Kriegsverbrechen wenig Kritisches anzumerken haben, Medien mit einer jede noch so rechte israelische Regierung unterstützenden Haltung und politische Verantwortungsträger:innen wirken so zusammen, dass der entstehende Druck einen massiven Angriff auf die Wissenschaftsfreiheit zur Folge hat. […]
Wie schon bei der Räumung des Anti-Gazakriegs-Camps an der Humboldt-Universität oder an der Alice-Salomon-Hochschule (ASH) in Berlin wird ein dermaßen großer öffentlicher Druck aufgebaut, dass sich eine Hochschulleitung offenbar nicht in der Lage sieht, das vorher Verabredete aufrechtzuerhalten […]
Hier läuft ein autoritärer Anti-Antisemitismus aus dem Ruder. Der kennt und will keine sachliche Kritik mehr, die der widersprüchlichen und komplexen Situation der Proteste im Nahostkonflikt zweiter Ordnung auch nur ansatzweise angemessen wäre. Der politische Gegner wird mit keinen leichteren argumentativen Geschützen als den Vorwürfen des Antisemitismus und der Hamas-Verherrlichung angegriffen, sodass es kaum mehr möglich wird, über Gaza oder Palästina zu sprechen, ohne sich diesen Vorwürfen ausgesetzt zu sehen. […]
Wenn auf der israelischen und ‚pro-israelischen‘ Seite so strenge Maßstäbe angelegt würden wie auf der palästinensischen und ‚pro-palästinensischen‘, wenn also jede zugespitzte Äußerung gegenüber Palästinenser:innen mit Rassismus-Schlagzeilen in den Leitmedien und wütenden Kommentaren aus der Politik gekontert würden, welche:r Vertreter:in des israelischen Staates könnte hierzulande eigentlich noch sprechen? Ron Prosor, der aktuelle Kronzeuge gegen Albanese, vermutlich nicht.“
18.02.2025
Francesca Albanese: “I’ve never been in a place … where the police has been checking on whether I could be arrested”
“I’m pretty shocked by the controversy that this event has stirred. It makes absolutely no sense whatsoever and makes me really scared for where Germany is. So, I truly hope that the discussion will be peaceful, that there will be no tension, despite the fact that – frankly, I’ve never been in a place that has received so many threats, intimidation. Where the police has been checking on whether I could be arrested or not. This is pretty awful. And as a European, I will never forget this. And I hope it will not get worse than this.”
↗ https://x.com/PhilippvBecker/status/1891899742184939942 (video)
19.02.2025
Isabel Feichtner: “Where Is Our Outcry?”
“Isn’t this the moment when we should finally speak up, even if we have not done so before for fear of taking a wrong step in the minefield that is the Israel/Palestine debate? Francesca Albanese is our colleague. The holder of a mandate by the Human Rights Council. A globally well-respected scholar of international law who speaks at universities around the world. Governments treat UN Special Rapporteurs as they treat ambassadors from foreign countries. Never before has UN Special Rapporteur Albanese been disinvited from a university.
Where is our indignation and outrage, dear fellow international lawyers, at her disinvitation from LMU and Freie University? Where is our outcry at the smear campaign against her by politicians and interest groups? […]
When pressure mounted and Berlin’s mayor, Kai Wegner, intervened, the president of Freie University caved in. President Ziegler cancelled the in-person event and justified this decision with the ‚present polarization and unpredictable security situation.‘ […]
While our politicians and universities fail to pay respect to a UN Special Rapporteur, we as international lawyers fail a colleague and a luminary in these dark times by not standing up for her against false and unfounded accusations. Most of all, however, we fail our students, broader society and the very idea of human rights, which – if they are to have any meaning – have to serve the powerless.”
↗ https://verfassungsblog.de/where-is-our-outcry/
Daniel Bax: „Streng bewachte Rede“
„[D]ie Diskussion im Umspannwerk wurde von der Polizei begleitet, fünf Beamte verfolgten die Debatte im Saal. Albanese und Eyal Weizman, der Gründer der Rechercheagentur Forensic Architecture, erklärten dort vor rund 200 Zuhörern, warum sie Israels Vorgehen im Gazastreifen als Völkermord einstufen. Beide sprachen über dessen Vorgeschichte und andere Völkermorde. „Genozid ist ein Prozess, kein Akt“, sagte Weizman. […]
Sie sei es gewohnt, dass israelische Botschafter sie attackierten, äußerte sich Albanese auch zu der Kritik an ihr. ‚Schockiert‘ zeigte sie sich aber darüber, dass Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) eine Absage ihres Vortrags gefordert hatte und dass die FU unter diesem Druck eingeknickt sei.
Die Uni hatte ihre Absage mit ‚der aktuellen Polarisierung und der nicht kalkulierbaren Sicherheitslage‘ begründet. Albanese sprach von ‚Mafia-Methoden der Einschüchterung und Bedrohung‘ und sagte, so etwas habe sie noch nie erlebt. Universitäten sollten Orte sein, an denen man sich auch darauf einigen könne, sich nicht einig zu sein, appellierte sie an die jungen Studierenden. ‚Was hier passiert, ist extrem.‘“
↗ https://taz.de/Vortrag-von-Francesca-Albanese-in-Berlin/!6067148/
DW: “Germany: Second talk by top UN official cancelled”
“The private event went ahead with a heavy police presence, with police and translators standing next to the stage, monitoring the content of all of the presenters, including Albanese.
‘The fact that [the universities] deny the possibility to speak to a UN official, a UN independent expert, is very serious,’ Albanese told DW. ‘It has not happened in any other place.’
Albanese discussed having fulfilled her mandate in countries all over the world but was surprised that two German public universities succumbed to apparent pressure from various actors to cancel her appearances.
‘I was not expecting again universities to give in,’ she added. ‘If universities stop being spaces where we can also afford discussing difficult issues, painful issues, respectfully, in a dignified way, all the more as I speak about international law, international legal development, factual development — this is very serious. This is censorship.’ […]
Weizman was also outraged by the cancellation. ‘The event in question appears to have been cancelled because the Israeli embassy and the office of the mayor of Berlin now dictate the curriculum for students in Germany,’ he said in a statement to DW.
Weizman added: ‘Politicians are encouraging universities to censor esteemed international voices for the rule of law, based on pernicious and manipulative interpretations of the statements and actions of those individuals, and universities are taking full part in that censorship. How much louder must the warnings from history be?’”
Matthias Monroy: „Debatte über Israel und Gaza: Von Francesca Albanese lernen“
„Nun wurde nach einem Saal an der Universität auch eine Diskussion darüber in einem Kulturzentrum gecancelt. Eine dafür verantwortliche Empörungs-Schickeria meint, über der Wissenschafts- und Meinungsfreiheit und dem Völkerrecht zu stehen, und liefert Albanese weiterem Hass aus. Dabei könnte Berlin von der Expertin viel über eine latent rassistische deutsche Selbstzentriertheit lernen.“
Stephan Detjen: „UN-Sonderberichterstatterin Albanese spricht in Berlin: ‚Wo war Deutschland?!‘“
MEMO: “Albanese: ‘75hrs in Germany have made me pretty nervous’”
“Francesca Albanese, UN Special Rapporteur on Palestinian territories, spoke yesterday at the event ‘Reclaiming the Discourse: Palestine, Justice, and Truth’ in Berlin, Germany. She highlighted the pressure from German authorities and said that ‘the situation is bad for freedom of expression everywhere’ but in Germany is felt ‘a lack of oxygen’ as a result of the repression of police and officials. Albanese was due to attend other speeches in Germany, which were cancelled including one at Free University of Berlin.”
Amnesty International und medico international: „Absage von Veranstaltungen mit UN-Sonderberichterstatterin gefährdet Debattenräume“
„Julia Duchrow, Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland: ‚Die Absage von zwei Veranstaltungen mit UN-Sonderberichterstatterin Francesca Albanese fügt der Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit in Deutschland schweren Schaden zu. Das Ziel, Maßnahmen zur Bekämpfung von Antisemitismus, Rassismus und jeglicher Form von Menschenfeindlichkeit durchzusetzen und jüdisches Leben in Deutschland zu schützen, ist ausdrücklich und uneingeschränkt zu begrüßen. Dabei dürfen jedoch Grund- und Menschenrechte nicht beschnitten werden. Auch Debatten über kontroverse Themen müssen möglich sein. Stattdessen erleben wir den Versuch, bestimmte politische Ansichten aus dem Diskurs auszuschließen.‘
Tsafrir Cohen, Geschäftsführer von medico international, sagt: ‚Werden Auftritte einer UN-Sonderberichterstatterin aufgrund von politischem Druck abgesagt, offenbart das ebenfalls einen mangelnden Respekt gegenüber dem Völkerrecht. Dies geschieht in einer Zeit, in der Institutionen wie der Internationale Strafgerichtshof von mächtigen Staaten angegriffen werden, wie zuletzt durch die Sanktionen der USA. Es ist ein fatales Signal, wenn Politiker*innen in Deutschland nun ebenfalls zur Delegitimierung internationaler Institutionen beitragen, statt diese dabei zu unterstützen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, wie sie in Gaza stattfinden, zu ahnden.‘“
20.02.2025
Allianz für Kritische und Solidarische Wissenschaft (KriSol): „Anlasslose Absage der FU: Veranstaltung mit UN-Sonderberichterstatterin Francesca Albanese und Eyal Weizman an alternativem Ort verlief konzentriert, sachlich und friedlich“
„In Deutschland sind Veranstaltungen, bei denen wissenschaftlich fundiert und sachlich die Verbrechen im Gaza-Krieg analysiert und diskutiert werden, zunehmend selten – weil sie regelmäßig verhindert werden. So musste diese Veranstaltung extern stattfinden, anstatt, wie ursprünglich geplant, an der Freien Universität, da der Präsident der Freien Universität die Präsenzveranstaltung nach massivem Druck aus der Politik untersagt hatte. Begründet wurde die Absage mit nicht spezifizierten Sicherheitsbedenken und im Lichte von unsubstanziierten Antisemitismusvorwürfen gegen die Sprecher*innen. Beides erwies sich als völlig haltlos. Die Veranstaltung im bUm verlief sachlich und friedlich, wenn auch angespannt aufgrund der permanenten Präsenz mehrerer Polizeibeamter im Saal und eines großen Polizeiaufgebots vor dem Veranstaltungsort. […]
Der heutige Tag zeigt: Veranstaltungen wie diese können ohne Probleme stattfinden – und müssen auch an der Universität stattfinden können. Es sind Politik, Presse und Hochschulleitungen, die das verhindern. Sie tragen dadurch dazu bei, dass selbst international renommierte Expert*innen wie Albanese und Weizman verleumdet werden. Durch diese Dynamik wird eine wissenschaftliche Auseinandersetzung und offene Diskussion der Völkerrechtsverstöße Israels sowie der rechtlichen und politischen Verantwortung Deutschlands systematisch verhindert. Das ist für den Schutz der Wissenschafts- und Meinungsfreiheit, und nebenbei für den Wissenschaftsstandort Deutschland ebenso wie für den demokratischen Diskurs im Allgemeinen nicht hinnehmbar.“
↗ http://krisol-wissenschaft.org/wp-content/uploads/2025/02/KriSol-PM-20.2.25.pdf
Daniel Bax: „Die Falsche im Visier“
„Hätten deutsche Polizisten eine UN-Sonderberichterstatterin verhaftet? Diese Frage stellte sich, als Francesca Albanese am Dienstag in Berlin auf einer Veranstaltung sprach, die kurzfristig in andere Räume verlegt werden musste. Es war keine hypothetische Frage: Einen umstrittenen ‚Palästina-Kongress‘ hatte die Berliner Polizei vor einem Jahr mit fragwürdigen Begründungen abrupt beendet.
Auch diesmal postierten sich Polizisten im Raum, um mögliche strafbare Aussagen Albaneses zu unterbinden. Zum Glück sagte sie nichts Strafbares. Bilder von deutschen Beamten, die einer UN-Sonderberichterstatterin das Mikrofon abdrehen, blieben der Welt damit erspart. Die Bilder der Polizeiwagen, die den Veranstaltungsort umzingelten, waren peinlich genug. Deutschland macht viel, um sich weltweit zu blamieren. […]
Es ist der traurige Höhepunkt der Versuche, Kritik an Israel und der deutschen ‚Staatsräson‘ zu kriminalisieren. Und es ist Ausdruck einer Tendenz zum Autoritarismus. Mit dem notwendigen Kampf gegen Antisemitismus hat das wenig zu tun. In Dresden marschieren Rechtsradikale unbehelligt mit Transparenten durch die Straßen, auf denen sie die Bombardierung ihrer Stadt durch alliierte Truppen im Zweiten Weltkrieg als ‚Bomben-Holocaust‘ bezeichnen.
Und im Bundestag sitzt eine Partei, deren Ehrenvorsitzender die Nazi-Zeit als ‚Vogelschiss‘ bezeichnete. Aber wenn er im Bundestag spricht, steht neben ihm kein Polizist. Gegenüber der UN ist dieses Verhalten deshalb ein Affront.“
↗ https://taz.de/Nach-Absage-fuer-Albanese/!6067115/
nd: „Francesca Albanese: ‚Ich bin besorgt‘“
„Hinsichtlich der Kritik an ihrer Person und den zahlreichen Hürden wie den Raumabsagen für die Münchner Friedenskonferenz und für ihren Vortrag an der Freien Universität Berlin sagte Albanese: ‚Ich bin besorgt. Nicht in meiner Funktion als UN-Mitarbeiterin, sondern als Europäerin. Ich war immer sicher, in diesem Teil der Welt frei zu sein, zu denken und zu sprechen, ich war immer sicher, dass es Orte gibt, an denen wir uns treffen und unsere abweichende Meinung äußern können.‘ Diese Gewissheit sei nun zerbrochen.
Albanese kritisierte insbesondere deutsche Narrative. Die Verbrechen der israelischen Streitkräfte und rechter Siedler an den Palästinensern würden als Selbstverteidigung bezeichnet, die Kritik daran als Antisemitismus.“
Baha Kirlidokme: „Repressionen gegen Vortrag von UN-Berichterstatterin“
„Als ‚zutiefst verstörend‘ bezeichnete die Vorsitzende der Linkspartei, Ines Schwerdtner, die Absage auf Anfrage der FR. Es müsse ‚möglich sein, offen über mögliche Menschenrechtsverletzungen im Gazastreifen zu sprechen – einschließlich des Vorwurfs eines Genozids, den der Internationale Gerichtshof derzeit prüft‘. Noch besorgniserregender als die Absagen selbst sei ‚die weitgehende Stille, mit der sie hingenommen‘ würden – auch aus der bürgerlichen demokratischen Mitte. ‚Wo bleibt der Aufschrei?‘, sagte Schwerdtner weiter. ‚Wir erleben eine bedenkliche Verengung des öffentlichen Diskurses – ein alarmierender Trend, dem wir entschieden entgegentreten sollten.‘
Auf die Vorfälle in Berlin gab es von der Politik bis zur Zivilgesellschaft weitere Reaktionen. ‚Der Versuch, die Veranstaltung mit der UN-Sonderberichterstatterin für die besetzten Gebiete Palästinas, Francesca Albanese, polizeilich zu verhindern, ist ein Angriff auf die Grundfreiheiten unseres Grundgesetzes‘, teilte BSW-Vorsitzende Sahra Wagenknecht auf dem Kurznachrichtendienst X (früher Twitter) mit. Die Nahost-Expertin Kristin Helberg zeigte sich auf X besorgt. ‚Liebe ‚bürgerliche Mitte‘. Wo ist eure Schmerzgrenze? Wenn Amnesty verboten wird? Völkerrechtler vor Gericht stehen? Niemand mehr zur Berlinale anreist? Oder die AfD stärkste Kraft wird? Es geht nicht mehr ‚nur‘ um Palästina und Israel, sondern um die autoritäre Verengung von Diskursräumen‘, schrieb sie.“
21.02.2025
Khaled El Mahmoud: “The Suppression of Academic Freedom and the Rise of Ideological Conformity”
“Both cancellations occurred amid growing political pressure, with several State officials, including the Mayor of Berlin, Berlin’s Minister of Science, and Bavaria’s State Commissioner for Jewish Life and the Fight against Antisemitism, publicly condemning Albanese, accusing her of antisemitism. The official justification for both cancellations was cited as ‘security concerns’ [see here and here]. Yet, the circumstances strongly suggest that these decisions were, in reality, bowing to political pressure rather than addressing genuine threats to public safety. […]
[I]t remains noteworthy and concerning that the majority of German legal scholarship, particularly from the community of international legal scholars, has been largely absent from this discourse – with a few voices who did speak out, most of whom were BIPoC scholars who did so at notable risk. This overwhelming lack of response is not merely unsettling. It signals tacit approval, reflecting a broader and deeply troubling sentiment that these acts, which may only be qualified as censorship, are justified. […]
If academic institutions, once considered bastions of free thought and intellectual courage, choose to silence critical voices rather than defend them, then the very essence of democracy is at stake. The question we must confront is not merely one of academic freedom but of the broader trajectory of a nation that appears increasingly willing to sacrifice its foundational principles in the face of political expediency. If we do not resist these encroachments now, we may soon find ourselves in a society where fundamental rights are no longer guaranteed, but merely tolerated at the discretion of those in power.”
↗ https://voelkerrechtsblog.org/special-editorial-a-nation-in-crisis/
BRISMES: letter regarding the Free University of Berlin’s cancellation of the lectures by Francesca Albanese and Prof. Eyal Weizman
“The accusations of antisemitism levelled against Albanese draw on the IHRA working definition of antisemitism, which erroneously conflates criticism of Israel and Zionism with antisemitism, and which has frequently been used to discriminate against individuals based on their political opinion. It has been widely demonstrated in recent years that the IHRA definition is not fit to be used as a tool to assess whether individuals’ utterances or views constitute antisemitism. […]
The university administration's justification that there was an incalculable security risk is unsubstantiated and hardly credible […] In fact, the cancellation by FU Berlin only occurred after public pressure from the German Israeli Society (DIG), the Israeli Embassy in Berlin, the Governing Mayor Kai Wegner and the Berlin Senator for Higher Education and Research, Health, and Long-Term Care Dr. Ina Czyborra, who discredited Albanese and accused her of antisemitism. This represents a form of state-ordered censorship of fact-based criticism of Israel's military actions - an unacceptable interference in freedom of opinion and academic freedom as well as university autonomy. Universities must remain places of open discourse. It is disingenuous to make it a prerequisite that opposing positions must be represented on the panel itself - a demand that is not raised for other topics and speakers. The cancellation of Albanese and Weizman due to political pressure contributes to the dangerous myth that fighting antisemitism requires the silencing of those criticizing Israel over its serious breaches of international law. Nothing could be further from the truth.”
Julian Daum: „Staatliche Repression bei Vortrag von Francesca Albanese“
„‚Ich bin hier als UN-Sonderberichterstatterin und wurde als solche eingeladen. Der Druck, der von öffentlichen Personen auf Universitäten ausgeübt wurde, spiegelt die Realität und die repressive Atmosphäre wider, die in Deutschland herrscht.‘ […]
An diesem Dienstagnachmittag wird sie in den Räumlichkeiten der Tageszeitung ‚Junge Welt‘ gleich über die Situation in Gaza und im Westjordanland sprechen. In ihrer Vorrede betont sie, um die Meinungsfreiheit sei es überall schlecht bestellt. Trotzdem habe sie ‚noch nie dieses Gefühl von mangelndem Sauerstoff gehabt‘. Soll heißen: noch nie so wie hier in Deutschland. […]
Politik und Polizei hatten in den vergangenen Tagen versucht, Albanese den öffentlichen ‚Sauerstoff‘ vollends abzudrehen: Zunächst stornierte die Münchner Ludwig-Maximilians-Universität einen Raum, in dem Albanese einen Vortrag halten sollte. Danach tat die Freie Universität (FU) Berlin das gleiche. […] Nach Polizeiangaben waren 200 Beamt*innen im Einsatz – für eine Veranstaltung mit etwa 200 Teilnehmenden. Teile des Films einer palästinensischen Journalistin durften nicht gezeigt werden, fünf Polizist*innen verfolgten die Debatte gegen den erklärten Willen der Veranstalter im Raum, um die Äußerungen auf der Bühne und Gespräche im Publikum zu überwachen. Wann immer Begriffe wie ‚Genozid‘ oder ‚Apartheid‘ fielen, machten sie sich Notizen.“
MEMO: “German university cancels event featuring UN Special Rapporteur on Palestine”
“The Free University of Berlin in Germany has cancelled an event that was scheduled to feature UN Special Rapporteur on Palestine Francesca Albanese, German media reported yesterday.
The university’s president, Gunter Ziegler, made the announcement in a meeting with the university’s administration. Ziegler said that the administration decided that the event on 19 February ‘cannot be held as a public event with in-person attendance’ due to ‘polarisation and the unpredictable security situation.’ He apparently suggested that the event should be held online.
The Israeli ambassador to Berlin, Ron Prosor, is reported to have sent an email to Ziegler requesting the cancellation of the event that Albanese was expected to attend.”
22.02.2025
James Jackson: “Germany's Obsession With Defending Israel and Criminalizing Speech Aided AfDs Rise”
“‘Talking about Israeli violations of Palestinian rights has always been sensitive in Germany. But the problem has escalated to the point that is really, really scary,’ Albanese told the press before her talk. Germany’s support for Israel, known as the Staatsräson, has become a major domestic political issue in recent years and especially since the Israel-Gaza conflict escalated after the Hamas attack on October 7 2023, with the country using harsh laws intended to combat neo-Nazis against Palestinian activists. ‘After a while it really gets under your skin,’ Albanese added. ‘There has been a crackdown on freedom of expression, of freedom of assembly.’
The newspaper’s publisher, Dietmar Koschmeider, told Drop Site that police were monitoring the event for any illegal speech, including from members of the audience. ‘What I experienced today, I haven’t seen in 30 years, it’s terrifying,’ Koschmeider said. […]
What observers both domestic and international have missed, however, is that the German mainstream’s rejection of international law and civil liberties and the rise of its far right are intrinsically linked. Germany’s far-right party, the Alternative for Germany (AfD), has played a key role in forefronting Staatsräson for its own purposes—using the topic as a wedge issue to demonize migrants from Muslim countries as well as left-wing activists. […]
‘I was really shocked by the political pressure on the universities and the anti-Palestinian racism, and I intend to write a report about it,’ Albanese, the U.N. rapporteur, told Drop Site after the event. ‘It’s clear that there is racism against the Palestinians here, negating their identity.’”
↗ https://www.dropsitenews.com/p/germany-election-afd-israel-palestine-free-speech
23.02.2025
Jakob Reimann: „Staatsfeindin und Staatsräson“
„Auf Schritt und Tritt wird sie verfolgt: Egal, wo Francesca Albanese hingeht, die deutsche Polizei ist schon da. Am Dienstag war die UN-Sonderberichterstatterin für die besetzten Gebiete Palästinas auf einer Veranstaltung in den Räumlichkeiten der Tageszeitschrift junge Welt, die unter anderem von Mera25 organisiert wurde – vor Ort waren 22 Einsatzwägen der Polizei, so zählten wir, und viele Uniformierte. […]
Mehrfach adressierten einige der Panelisten dabei die im Saal anwesenden Polizist*innen. Denn im schnurstracks auf den Autoritarismus zusteuernden Staatsräson-Deutschland nimmt sich die Staatsgewalt rotzfrech das Recht heraus, ihre Kritiker nach Belieben einzuschüchtern und auf ihren Veranstaltungen rumzulungern. Fünf Uniformierte mit Schusswaffen und ein Übersetzer waren während der Achtstundenveranstaltung im rappelvollen Raum in der Maigalerie der jungen Welt anwesend. Das geschah gegen den ausdrücklichen Willen und Widerstand der Zeitung, machte jW-Geschäftsführer Dietmar Koschmieder in seiner Begrüßungsrede deutlich. Das Blatt werde rechtlich gegen diesen Eingriff vorgehen. […]
Mit solch einem übergriffigen und arroganten Verhalten macht sich Deutschland zunehmend zum Aussätzigen auf der internationalen Bühne. Bis auf die Akteure selbst und die bürgerlich-liberal-rechte Querfront fanatischer Israel-Unterstützer glaubt doch niemand ernsthaft die Lüge, es gehe um den ‚Kampf gegen Antisemitismus‘, wenn der deutsche Staat mit zunehmender Brutalität seine Gewalt einsetzt, um die rechtsradikale Regierung in Israel vor Kritik abzuschirmen. […]
Dass Deutschland eine UN-Sonderberichterstatterin zur Staatsfeindin #1 erklärt und wie eine Schwerverbrecherin von der Polizei verfolgen lässt, ist eine folgerichtige Konsequenz aus der Art und Weise, wie die gesamte Legitimität dieses Staates begründet wurde: Staatsräson-Deutschland funktioniert ausschließlich als Staatsgewalt-Deutschland.“
↗ https://etosmedia.de/politik/staatsfeindin-und-staatsraeson/
Abdrift ins Autoritäre,
oder Kunsthochschulen als
Orte der Kritik
Abdrift ins Autoritäre,
oder Kunsthochschulen als
Orte der Kritik